Ford Mustang 1968 Coupé - Hinterachse 

Vorweg: die Arbeiten an der Hinterachse sind nur etwas für Fortgeschrittene. "Normale" Werkstätten trauen sich an diese Aufgabe kaum heran, weil die Gefahr einer fehlerhaften Einstellung und von Reklamationen auch bei sorgfältiger Arbeit recht hoch ist. Deshalb will ich hier auch keine vollständige Reparaturanleitung erstellen, sondern nur aufzeigen, welche Fertigkeiten und Werkzeuge man benötigt und worauf man sein Augenmerk richten sollte.

Auf jeden Fall sollte man eine gute Reparaturanleitung besitzen. Ich empfehle das originale englischsprachige Werkstatthandbuch (shop manual) oder die deutschsprachigen Reparaturhandbücher aus dem Bucheli-Verlag, die als Reprint beim First Mustang Club of Germany erhältlich sind. 

Unten auf dieser Seite habe ich die wichtigsten Informationen zu Ford Achsen der Sechziger zusammengetragen.

Ersatzteile für US-Car-Achsen und komplette Differenziale sowie neue 9 Zoll Ford Achsen mit und ohne Sperre liefert www.justrearends.com. Dort sind alle Teile in neu und gebraucht erhältlich - mehr als im Onlineshop ersichtlich. Einfach mal anfragen. 

Arbeiten am Differenzial erfordern viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl und nur für Schrauber mit Erfahrung geeignet. Die meisten Kfz-Werkstätten lehnen solche Reparaturen ab.

Wenden wir uns dem Patienten zu: 

Schlammverkrustet, verölt, reichlich Spiel vorhanden - eine typische über 40 Jahre alte Achse eben.

Bei diesem Dreckpanzer hilft nur eins: ab zur Tanke mit Ölabscheider und mit dem Kärcher drüber.

Selbst gebautes Tool für die Öleinfüllschraube: Gewindestange in Mutter drehen, verschweißen, 
Vierkant rausfeilen. Es geht aber auch mit der Verlängerung einer 3/8 Zoll Knarre, falls zur Hand!

...und siehe da: Öl war reichlich drin. Eigentlich ein Wunder - so verölt wie die Achse aussah.

Ein Blick auf die ID-plate verrät, dass es sich um ein 1968er Differenzial mit der Übersetzung 
2,79:1 handelt. Ich bevorzuge eine 3,00:1 Übersetzung, deshalb verbaute ich ein neues gear set 
(Teller- und Kegelrad) von Richmond. Ein Ersatzdifferenzial mit der originalen Übersetzung 
wandert dafür ins Regal.

Zunächst müssen die Achswellen raus: dafür die vier Muttern der Bremsankerplatte lösen...

...und den selbstgebauten Gleithammer anbringen.

Beherzt zuschlagen - und die Achswelle gleitet inklusive Radlager aus dem Achsgehäuse.
Manchmal kann man die Steckachsen auch von Hand herausziehen.

1: die Verzahlung greift in die Differentialausgleichskegelräder ein,
2: das aufgepresste Radlager
Nicht irritieren lassen: die Achsen haben nur zwei Achswellen. Die anderen beiden
stammten aus meinem Ersatzteilbestand :-) 

Was man braucht: stabile Werkbank, Schraubstock, Messwerkzeug, Überholsatz, 
ggf. neues Teller- und Kegelrad.

Das erleichtert die Arbeit: selbst zusammengeschweißte Halterung für das Differenzial zum
Einspannen in den Schraubstock mit stabiler Blechplatte (deren Sinn erschließt sich später)

Das Zerlegen beginnt: zunächst den "Antriebskegelradflansch" demontieren. 
Zum Lösen der Mutter mit einem geeigneten Werkzeug gegenhalten. 

Abziehen von der Differenzial-Eingangswelle mit einer anderen Region des selbstgebauten Tools.

Hoppla - diese Lagerrollen sehen ungesund aus . . .

. . . genau wie die dazu gehörenden Laufflächen der Lager. Egal, im Reparturkit ist alles 
enthalten.
Erstaunlich: das Differenzial lief absolut ruhig. Ich habe mich schon oft über das zähe 
Leben der mechanischen Mustang-Bauteile gewundert. Wahrscheinlich hätte dieses 
Differenzial  noch manchen Sommer überstanden . . . 

Abziehen des inneren Lagerringes eines Lagers des Differentialgehäuses. Das Aufpressen der neuen Lager 
(auch der neuen Radlager) habe ich bei einer Werkstatt mit einer ordentlichen Presse machen lassen. 
Als ich die Teile dort abgab fragte der Meister: "was ist denn das - von 'nem LKW???" 
Tja, auch ein "kleines" acht Zoll Differenzial ist nach heutigen Maßstäben 
Respekt einflößend dimensioniert ;-)

Auch wenn's schwer fällt: man sollte ALLES zerlegen, selbst die "eigentlich unkaputtbaren" Teile. 
Siehe da: die Differenzialausgleichskegelräder (pinion gears) sahen mitgenommen aus, ebenso die 
dazu gehörende Welle (pinion shaft). Ersatz hatte ich im Regal. Den Ersatz fürs Regal wiederum habe ich 
bei www.justrearends.com geordert. Freundlich, kompetent und gut sortiert, die Leute dort!

Hier ist das neue Richmond-Tellerrad schon am Differenzialgehäuse montiert. Kontrolle auf Schlag 
des Tellerrades. Hier sieht man wozu die Blechplatte gut ist: als stabile Halterung für den 
Magnetfuß der Messuhr.

Messen des Zahnflankenspiels an verschiedenen Stellen des Tellerrades.

Einpinseln mit der Markierflüssigkeit und in beiden Richtungen unter Last drehen: das Tragbild 
sieht schon einigermaßen aus, aber das geht noch besser. 
Alles wieder lösen, noch mal montieren, einmessen und neu testen.
Damit kann man einen ganzen Samstag verbringen :-\

Tragbild-Kontrolle anhand der Richmond-Unterlagen.

Noch ein selbstgebautes Werkzeug. Damit kann man einfacher und präziser die 
Lagereinstellmuttern drehen. Sie bestehen aus einer fetten Unterlagscheibe von der Zugstebe 
der Vorderachse, einer oben aufgeschweißten Mutter und drei unten angeschweißten 
Kegelrollen aus einem ausgeweideten Lager des Differenzialgehäuses. 
Richtig zusammengeschweißt greift es SO in die Lagereinstellmuttern ein:

Lagereinstellmutter mit aufgesetzter Einstellhilfe.

Die Radialwellendichtringe (Simmerringe) im Achskörper bei den Radlagern sollte man 
bei dieser Gelegenheit  immer austauschen.

Meine Methode: mit einem Dorn oder einem Nagel zweimal einpieksen (nicht bohren, das gibt Späne in der Achse) 
und Spaxschrauben eindrehen:

An diesen kann man den alten Dichtring herausziehen.

Das war der Grund für die verölte Bremse hinten rechts: steinhart und brüchig gewordene 
Dichtlippe des Simmerrings (übrigens noch original FoMoCo)

Neuen Simmerring außen leicht mit flüssiger Dichtmasse einschmieren (nichts auf die Dichtlippe
auftragen) und in die Bohrung des Achsgehäuses einsetzen. 
Radialwellendichtringe grundsätzlich so einsetzen, dass die Dichtlippe in die Richtung des Materials 
zeigt, gegen das abgedichtet werden soll bzw. aus der der Druck (Öl oder Luft) kommt.
In diesem Fall also Lippe voran zur Achse.

Äußeren Rand des Simmerringes gut in die Bohrung hineinklopfen. Hier lege ich eine gut 
passende 41er Nuss aus einem Panzerwerkzeugkasten unter :-)

Das aufgepresste neue Radlager (1) ist selbst mit Radialdichtungen versehen und hat eine Fett-
Dauerfüllung. Es wird durch einen aufgepressten Klemmring (2) an Ort und Stelle gehalten.
Die Lauffläche des gerade montierten Simmerrings (3) sollte glatt und ohne Riefen sein. Die wird 
von manchen Werkstätten gern beim Aufpressen des Lagers beschädigt. Nicht so von 
VW-Wolkenhauer in Westerstede (Danke, Jungs - gute Arbeit!)

Beim Einführen vorsichtig zu Werke gehen. Die Verzahnung der Antriebswelle ist eine Gefahr für den 
neuen Simmerring! Den Simmerring und die Achswelle vorher gut einölen. Beim weiteren Zusammenbau die acht Stoppmuttern bei den Bremsankerplatten unbedingt erneuern!

Das originale Rot-Orange des Differenzialgehäuses kann man gut reproduzieren mit rotem Rostschutz 
aus der Dupli-Color-Dose und einem Hauch Klarlack drüber.

Die Angaben auf der ID-plate habe ich mit dem Edding berichtigt (und mit Klarlack haltbar gemacht)

Hier noch ein Tipp für die Montage: Schauen Sie bei der Gelegenheit mal nach, ob die Handbremsseile am Unterboden der Karosse scheuern. Das zerstört nicht nur den Lack auf dem Unterboden, sondern mindert auch die Leistung der Handbremse. Abhilfe schaffen halbrunde Polyamidstücke, die am Ende des Bodenblechs an die Karosserie geschraubt werden und auf denen die Handbremsseile wunderbar gleiten können:

Da  halbrunde Polyamidstangen kaum zu bekommen sind, habe im Elektronikzubehörversand (z.B. Conrad)  runde Polyamidstangen bestellt und halbiert. Zwei Löcher reinbohren, ansenken und mit kurzen Edelstahlschrauben am Bodenblech befestigen!

Anlage: Da immer wieder Fragen auftauchen nach den Eigenschaften, der Identifikation und der Austauschbarkeit von Ford-Achsen der Sechziger, habe ich hier einige Infos zusammengetragen. Ich übernehme keine Gewähr für die Richtigkeit - war aber bemüht, hier nur korrekte Daten einzustellen.

Allgemeine Hinweise: 

• Die Lage der Blattfederaufnahmen ist bei allen Achsen (1964-1973) gleich; die unterschiedliche Breite ergibt sich durch unterschiedlich lange Achsrohre außerhalb der Blattfederaufnahmen. Somit sind die Achsen von der Aufhängung her austauschbar. Bei Verwendung einer schmaleren oder breiteren Achse muss ggf. die Position des Reifens im Radhaus durch Felgen mit weniger oder mehr Einpresstiefe korrigiert werden. Auch der Anschluss der Kardanwelle muss bei einem Wechsel der Achse bzw. des Differenzials evtl. korrigiert werden.

• Wie erkenne ich eine der begehrten 9-Zoll-Achsen? Stellen Sie sich vor, sie würden mit einer Knarre und Verlängerung den Differenzialträger vom Hinterachskörper abschrauben wollen. Bei der 8-Zoll-Achse geht das rundum, bei der 9-Zoll-Achse kämen Sie mit diesem Werkzeug NICHT an die unteren Muttern, dort geht es nur mit einem Ring- oder Maulschlüssel. 
  Zudem haben viele 9-Zöller hinten im Achskörper eine vertikal verlaufende "Beule", um Platz für das Tellerrad zu schaffen. Allerdings wurden bis ca. 1965 auch 9" Achsen gebaut, die diese Ausbuchtung nicht hatten und somit ähnlich wie eine 8" Achse aussehen. 

• Wo wurden die 9-Zoll-Achsen verbaut?
  66-71 Fairlanes, Torinos, Montegos, Comets und andere Ford Mittelklasse mit big blocks.
  67-73 medium und big block Mustangs and Cougars.
  77-81 Lincoln Versailles (58.50 Zoll breit)

• Ersatzteilquellen? Überholsätze (Lager, Dichtungen) sowie Teller- und Kegelradsätze (ring and pinion) bekommt man relativ günstig bei http://www.summitracing.com/ . Was sonstige Ersatzteile angeht, habe ich habe beste Erfahrungen gemacht mit www.justrearends.com Dort gibt es auch komplette Differenziale (auch gesperrte) und  Achsen.  

Erläuterungen zu den Tabellen:

1965

1966 removable carrier - Differenzialträger aus Hinterachsgehäuse entnehmbar

1966 integral carrier - Differential in Hinterachsgehäuse integriert

1967

1968

1969 - 1970